Gute Texte funktionieren in jeder Sprache – sie brauchen nur einen Vermittler.
Ryan Love: Arthur and Teddy are Coming out – es ist nie zu spät, du selbst zu sein!
Aus dem Englischen von Regina Jooß
„Heute war Arthur bereits seit 6 Uhr morgens wach und wanderte ruhelos durchs Haus. In der Nacht hatte er wieder unruhig und mit vielen Unterbrechungen geschlafen. Jedes Mal, wenn es ihm gelungen war, die Augen zu schließen, hatte er sich im Kopf ein neues Szenario ausgemalt, worauf er gnadenlos aus seinem leichten Schlaf geschreckt war. Irgendwann hatte er dann alle Versuche aufgegeben, er konnte keine Ruhe in dem jetzt von ihm genutzten Einzelbett finden.“
„Es ist schwer, alles zu wissen, denn die Welt wird ständig komplizierter. Die Höhlenmenschen früher wussten vielleicht alles, einfach indem sie den Unterschied zwischen einem Stein und etwas Essbarem kannten. Heute wäre jemand mit diesem Wissensstand praktisch unvermittelbar, noch nicht einmal als Schuhverkäufer:in.
Wie können wir also mehr erfahren über die Welt? Eine Möglichkeit ist durch Bücher. Bücher sind wie das Internet, aber mit einer Reihenfolge. Außerdem funktionieren sie auch im Tunnel.“
„Meine Kindheit war geprägt von drei unterschiedlichen Zeiträumen.
Meine Eltern hatten die aufregende, glamouröse und gefährliche Welt des Davor überlebt. Sie waren aus Nazi-Deutschland entkommen, hatten sich als Flüchtlinge in England getroffen und vor den Bomben der deutschen Luftwaffe in Sicherheit gebracht. Ich hingegen wurde in der grauen, trüben Sicherheit der Nachkriegszeit geboren, im Zeitalter des Danach. Erst mit der Zeit wurde mir bewusst, dass es einen dritten Abschnitt gab, der nach dem Davor, aber vor dem Danach lag und der nur uns betraf, nicht die Familien meiner Schulfreunde …“
Auch als Hörbuch erhältlich (ungekürzte Lesung von Katharina Quast).
„Es gab nur die Dunkelheit, die sich so weit erstreckte, dass sie sich fragte, ob sie sich das alles eingebildet hatte.
Es hatte niemals eine Stimme gegeben. Es hatte niemals eine sanfte Hand auf ihrem Haar gegeben. Es gab nichts, nichts außer dieser Dunkelheit.“
Elana Bregin: Der Junge, der sein Herz wiederfand
Aus dem Englischen von Regina Jooß
„Er versuchte sich auch an Porträts, als Modelle dienten ihm die Menschen auf der Straße. Doch er fand die Gesichter, die er malte, zu traurig. Sein Pinsel griff ihre Verhärmtheit auf, das Elend und die Vernachlässigung, die ihnen eigen waren. Er konnte nur die Gesichter von Männern malen. Wenn er versuchte, Frauen zu porträtieren, verwandelten sie sich alle in dieselbe Person: eine Frau mit dem Gesicht seiner Mutter, dünn wie eine Schlange und mit verfluchten Augen.“
Ilka Tampke: Die Hüterin der Lieder
Aus dem Amerikanischen (gemeinsam mit Barbara Ostrop)
„Denn als ich so dasaß, ganz versunken in die Vision unserer Niederlage, begann ich zu spüren, dass sich darunter noch eine tiefere Wahrheit regte. Mit jedem Moment der Stille sah ich es deutlicher.
Konnte es sein, dass diese Schlacht nicht unsere Kriegskunst auf die Probe stellte, sondern die Gesetze unseres Volkes? Nichts dauerte an, außer durch Tod und Wiedergeburt: die Sonne, die Jahreszeiten, die Pflanzen, unsere Seelen. Nur im wirbelnden Rhythmus von Wachstum und Zerstörung bestand das Leben. Wir wussten das. Rom mit seinem Hunger nach Ausweitung nicht.
Dieses Land war Albions Seele. Was, wenn wir es nicht durch einen Sieg beschützen sollten, sondern indem wir den Müttern erlaubten, ihr unvermeidliches Lied von Tod und Erneuerung zu spielen?“
„Die Nacht riecht nach dem Fell von Schweinen und trockenem Gras. Ich schaue durch das Blätterdach
alter Eichen zum sternenübersäten Himmel auf, und meine Melancholie von vorhin fällt von mir ab wie
ein schwerer Mantel. Ich weiß, es gibt nirgendwo anders einen Ort, an dem ich wirklich sein könnte.“
Sally Coulthard: Kreativräume
Inspirierende Einblicke in Ateliers, Studios und Werkstätten
Aus dem Englischen
„Gönnen Sie sich selbst einen Kreativraum. Wenn Sie schöpferisch tätig sind, brauchen Sie einen Ort, der Ihre Leidenschaft fördert. Er muss nicht groß sein – eine ‘Kreativecke’ passt in beinahe jeden Raum – aber er muss sich
klar abgrenzen von allen anderen Räumen, in denen Sie sich aufhalten.“
Vivian Vande Velde: Nie mehr zurück
Aus dem amerikanischen Englisch
„Die Geschichte beginnt mit einem Akt verstörender Gewalt.
Oder … na ja … vielleicht nicht ganz. Vielleicht beginnt die
Geschichte genau dann, als Zoe in die Bank geht – nur dass sie
da noch nicht weiß, dass es eine Geschichte ist …“
„Dann sind da die tragenden Figuren: die hochnäsige Schalterangestellte und der von sich selbst überzeugte Wachmann der Bank. So wie auch dieser eine Bankkunde …“
„Zoe ist vollgespritzt, sowohl mit dem Blut des Diebes als auch mit dem des Kunden, den sie in der kurzen Zeit fast begonnen hatte, zu mögen. Ganz zu schweigen von den
Knochenstückchen. Und dem, von dem sie sich eifrig versucht zu überzeugen, dass es
sich nicht wirklich um Stückchen von Hirnmasse handeln kann. So beginnt die Geschichte.“
Jeff Carlson: Eisiger Himmel
Aus dem amerikanischen Englisch
„Vonnie rannte mit geschlossenen Augen. Das Geräusch ihrer
eigenen Stiefelschritte trieb sie an. Diese Felspalte war so schmal,
dass jedes Geräusch zurückgeworfen wurde, und sie duckte sich
nach jedem der rasselnden Echos weiter durch den Raum. Sie wusste,
dass der Felsboden von Spalten und Gruben durchzogen war.
Sie wusste, dass sie bei jedem Schritt mit dem Fuß hängenbleiben
oder hinfallen konnte. Aber sie rannte.“
Amber Lynn Natusch: Entkommen. Die Gefangene
Aus dem amerikanischen Englisch
„An diesem Tag sah ich meinen ersten Baum.
Ich war achtundzwanzig Jahre alt. Ich hob mein Gesicht von
dem feinen weißen Pulverschnee, in dem ich lag, um ihn zu sehen.
Er stand tot vor mir, hoch und stark. Er sah überhaupt nicht so aus, wie
ich es mir vorgestellt hatte; größer, rauer. Ich kämpfte, um mich selbst
zu dem starken Baum zu schleppen und mich gegen seinen Stamm zu
lehnen in der Hoffnung, dass seine Stärke meine eigene erwecken würde.
Ich sah zu den bauschigen Wolken auf, die über den Himmel tanzten.
Dad hatte mir immer gesagt, es käme Schnee, wenn
die Wolken dick und voll wären.“